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                         Konzeption

Rainer G. Schumacher schenkte mir diese Ausstellung zu meinem siebzigsten Geburtstag. Er wollte schon als Maler und Grafiker sich mit Goethes „Faust“ beschäftigen, kam aber zu der Erkenntnis, dass er dieses Drama nur illustrieren kann, und das wollte er nicht.

Das änderte sich für ihn mit dem Erscheinen meines Buches „Faustische Welt“, auf das sich die Ausstellung bezieht. Meine Inter- pretation verdeutlichte ihm, dass Goethe in seinem Werk keine Menschen darstellt, sondern mit Hilfe poetischer Figuren eine Ideologie, das faustische Bewusstsein. Dieses Bewusstsein ist dadurch gekennzeichnet, dass es sich aus den Begrenzungen des Feudalstaates emanzipiert und versucht, möglichst viele Menschen aus ihren alten Bindungen zu lösen, dass es die innersten Zusammenhänge der Materie erforschen und die Erkenntnisse ohne Skrupel anwenden will und dass es nicht nur wie Gott sein, sondern mit seinen Kenntnissen Mensch und Natur besser machen will, als Gott sie gemacht hat.

In der faustischen Welt setzt sich die Freiheit fast hemmungslos  durch, weil das faustische Bewusstsein weder durch ein Gewissen, wie es beispielsweise Kants kategorischer Imperativ formuliert, noch durch die Beeinflussung durch echte Kunst, von der sich beispielsweise Goethe und Schiller eine menschenwürdigere Welt erhofften, human gebildet ist. Die faustische Welt, die Goethe mit Blick in die Zukunft gewissermaßen experimentell poetisch ‚durchspielte’, ist zu einem großen Teil die Welt, in der wir heute leben und somit auch für einen zeitgenössischen Künstler aktuell.

Diese faustische Welt erscheint in den Skulpturen Rainer Schumachers in vielgestaltiger und vielgestalteter Form. Er erschloss in den vergangenen zehn Jahren bisher so vielleicht noch nicht bekannte Ausdrucks-Möglichkeiten der Keramik und schuf einige hundert Skulpturen in gebranntem Ton, die teilweise in den Niederlanden oder in der Ausstellung „Metamorphosen“ in Jena zu sehen waren. Die Aus- stellung „Kennst du den Faust“ bietet nun in Münster die Gelegen- heit, die schöpferische Kraft und das technische Können Rainer Schuma- chers kennenzulernen.

Es sind vor allem zwei Gründe, die den Interessierten zumuten, diese Ausstellung auf einem Schrottplatz zu besuchen. Zum einen ist es die Abneigung Rainer Schumachers gegen jeden Kunstbetrieb. Seine Skulpturen sollen nicht mit dem Vorurteil betrachtet werden, sie seien in irgend einer Form abgehobene und distanzschaffende ‚Kunst’, er will, dass man diese Werke anfasst und in sein Leben hineinnimmt. Zum andern ist der Schrottplatz der passende symbol- trächtige Ort der faustischen Welt. Denn die moderne Industrie- und Leistungsgesellschaft braucht, um zu florieren, einen Schrottplatz, der auch aufnimmt, was noch gut zu gebrauchen wäre. Zugleich passt sich der mit mechanischen und elektronischen Prothesen ausgestattete Mensch mehr und mehr den Gegenständen an, die man auf dem Schrottplatz findet.

 

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